Sängerknabe führt in Paraguay „tägliche Chorstunde“ ein
Die Deutsche Schule in der Kolonie Independencia, etwa 200 Kilometer von der paraguayanischen Hauptstadt Asuncion entfernt, hat nach Michael Flatscher einen zweiten Hilfslehrer für den Deutsch-Unterricht. Der 19-jährige Thorsten Hofbauer machte es seinem Vorgänger nach und entschloss sich zwischen Matura und Studium zu einem sechsmonatigen Abenteuer in Südamerika. Als ehemaliger Sängerknabe führte er im Unterricht auch gleich die „tägliche Chorstunde“ ein.
Eigentlich wollte er nur als Hilfslehrer im Deutsch-Unterricht fungieren. Doch Direktor Matias Loidol war von den Talenten des Österreichers schnell angetan. Inzwischen lehrt Thorsten Hofbauer Deutsch in der 7. Klasse Gymnasium, Geographie in der 8. Klasse, Musik von der 3. Klasse Volksschule bis zur 2. Klasse Gymnasium, drei Schüler unterschiedlichen Alters in Deutsch als Fremdsprache und, damit ihm in der Freizeit nicht fad wird, leitet der 19-Jährige auch noch den Schulchor. „Außerdem versuche ich, da es in der Kolonie keine Zeitungen gibt, im Unterricht das Weltgeschehen mit einfließen zu lassen. Seien es die US-Wahl, Naturereignisse und alles, was sonst noch interessant ist“, erzählt Hofbauer gegenüber Unzensuriert.at.
Galauniform und Hymne an jedem Montag
Die Deutsche Schule Independencia besuchen 150 Kinder, vom Kindergartenalter bis zur Matura. Die Mehrheit der Kinder ist deutschstämmig. Die Finanzierung erfolgt ausschließlich über das Schulgeld. Zweimal bereits gab es auch schon eine Spende der Österreichischen Gesellschaft der Freunde Lateinamerikas (ÖGFLA), deren Präsident der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf ist. ÖGFLA hat auch die Reisekosten des „Sprachassistenten“ Hofbauer übernommen. Die Schule stellt mitten im paraguayischen Urwald eine wirkliche Besonderheit dar: Jeden Montag haben die Schüler ihre Galauniformen zu tragen, an den restlichen Tagen genügt eine legerere Kleidung, die aber auch einheitlich ist. Jeden Montag wird zudem abwechselnd einmal die deutsche und einmal die paraguayische Nationalhymne gesungen. Der Unterricht startet um 7 Uhr und ist bereits um 11.40 Uhr wieder zu Ende. Eine Unterrichtsstunde dauert 35 Minuten.
Unterricht bei 40 Grad im subtropischen Klima
Der Grund für die wenigen Unterrichtsstunden liegen auf der Hand. In der subtropischen Klimazone ist es bereits am späten Vormittag äußerst heiß und die Temperatur kann auf bis zu 40 Grad hinaufschnellen, „sodass ein Unterricht über die Mittagszeit aus wahrscheinlich kreislauftechnischen Gründen nicht stattfindet“, sagt Hofbauer. Dennoch gebe es an zwei Tagen der Woche auch Nachmittagsunterricht.
In der Kolonie wird fast ausschließlich Deutsch gesprochen. Ein spanisches Wort hört man weder im Supermarkt, noch auf den Straßen, die allesamt mit deutschen Bezeichnungen beschildert sind. Ab und zu stößt man auf die indigene Sprache Guarani. „Somit ist es wichtig, das die eigene private, nur mit Schulgeld finanzierte deutsche Schule in der Kolonie trotz akuten Mangels an Lehrmitteln und Geld bestehen bleiben kann“, meint Thorsten Hofbauer. Der Verein ÖGFLA hilft dabei. Durch finanzielle Unterstützung und die Bereitstellung von Hilfslehrern wie Michael Flatscher oder Thorsten Hofbauer. Außerdem gibt es die Möglichkeit, Patenschaften für Schulkinder zu übernehmen.