Lino Oviedo: Politischer Mord oder Hubschrauber-Unglück?
Lino Oviedo ist tot. Mit dem 69-jährigen Ex-General und Putschisten, der eine entscheidende Rolle 1989 beim Staatsstreich gegen Diktator Alfredo Stroessner spielte, verliert Paraguay eine schillernde Persönlichkeit. Oviedo wollte sich am 13. April für die Präsidentschaft bewerben. An einen Hubschrauber-Absturz wollen seine Anhänger daher nicht glauben, der Pressesprecher von Oviedos Partei Unace, César Durant, vermutet einen Anschlag: „Es handelt sich um einen politischen Mord.“
Paraguays Staatschef Federico Franco bestätigte am Sonntag den Tod des beliebten Politikers. Oviedo gehörte zu den Offizieren, die Stroessner vor 24 Jahren festnahmen. „Er war einer der Menschen, die uns die Freiheit gebracht haben“, erklärte Franco im Fernsehen. Offiziellen Meldungen zufolge ist Oviedo bei einem Hubschrauberunglück 280 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Asuncion ums Leben gekommen. Der Politiker hatte an einem Wahlkampftreffen in Concepcion teilgenommen. Ein schweres Gewitter in der Gegend könnte den Absturz verursacht haben. Neben Oviedo sind auch der Pilot und ein Leibwächter tot aufgefunden worden.
Innenminister kündigt Untersuchung an
„Oviedo hätte niemals einen Flug inmitten eines Gewitters gestartet“, sagte sein Pressesprecher César Durant gegenüber dem Rundfunksender Radio Cardinal. Dagegen berichteten Zeugen der Zeitung ABC Color, Oviedo habe den Piloten energisch aufgefordert, den Flug nach Asuncion zu unternehmen, obwohl dieser auf die Gewittergefahr hingewiesen und zudem eingewendet habe, dass die Maschine nicht für Nachtflüge zugelassen sei. Innenminister Carmelo Caballero kündigte eine Untersuchung des Unfalls unter Beteiligung internationaler Experten an.
Tatsächlich kommt für die Partei Unace (Nationale Union der Ethischen Bürger) das Ableben ihres Gründers und Spitzenkandidaten zu einem denkbar unglücklichen Zeitpunkt. Am 13. April finden in Paraguay die Präsidentschaftswahlen statt, ohne Oviedo, der im Jahr 2008 mit mehr als 400.000 Stimmen auf Anhieb drittstärkste Kraft im Land wurde, wird es schwer, an diesen Erfolg anzuknüpfen.
Die Wahlen müssen durchgeführt werden, nachdem im Juni 2012 der Präsident Fernando Lugo vom Parlament abgesetzt worden war. Paraguays Senat hatte die Amtszeit des früheren katholischen Bischofs mit 39 zu 4 Stimmen vorzeitig für beendet erklärt. Zuvor hatte die Abgeordnetenkammer des südamerikanischen Landes eine Amtsenthebungsklage gegen den linksgerichteten Präsidenten eingereicht. Begründet wurde die Klage mit einer mangelhaften Amtsführung in Zusammenhang mit Bauernprotesten, bei denen zuletzt laut Medienberichten 17 Menschen ums Leben kamen.
Lino Oviedo – eine lebende Legende
General Lino Oviedo war eine lebende Legende. Davon konnte sich im März 2011 eine politische Delegation unter der Leitung des Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf überzeugen. Der Parteichef führte die Gäste aus Österreich durch sein Reich, das weniger einer klassischen Parteizentrale glich, sondern vielmehr einer Sozialeinrichtung: Neben einer großen Sporthalle stehen nicht nur Partei-Mitgliedern Einrichtungen wie ein kleines Ärztezentrum, ein Frisör oder Weiterbildungsmöglichkeiten zur Verfügung. Oviedo sprach perfekt Deutsch und die Probleme des Landes konkret an: Als erstes müsse die Korruption bekämpft , als zweites Rechtssicherheit geschaffen werden, um den Weg für die notwendigen Investoren zu ebnen.
Oviedo kannte aber auch Österreich aus der Zeit, als er in Deutrschland zwei Jahre studierte und dem Nachbarland einen Besuch abstattete. Er erinnerte sich noch gut an die Lipizzaner, an die Patronenfabrik in Hirtenberg und an die Menschen: „Die Österreicher wollen arbeiten, um zu leben, die Deutschen leben, um zu arbeiten, und die Leute in Paraguay wollen leben, ohne zu arbeiten“, sagte Oviedo sichtlich erfreut über den Besuch aus Österreich.